Unter dem Motto „Aufbruch – Verantwortung – Offenheit“ erinnert Leipzig an den 9. Oktober 1989

Die Podiumsteilnehmer Volker Bremer, Oberbürgermeister Burkhard Jung, Jürgen Meier, Claudius Nießen, Marit Schulz, Stephan König und Michael Kölsch (v.l.n.r.).
Die Podiumsteilnehmer Volker Bremer, Oberbürgermeister Burkhard Jung, Jürgen Meier, Claudius Nießen, Marit Schulz, Stephan König und Michael Kölsch (v.l.n.r.). Foto: Sebastian Willnow/Westend Communication

Vor 28 Jahren nahmen in Leipzig mehr als 70.000 Menschen ihren Mut zusammen und widersetzten sich gemeinsam dem DDR-Regime, um für ein offenes Land mit freien Menschen einzutreten. Mit ihren Rufen „Wir sind das Volk“ und „Keine Gewalt“ protestierten sie friedlich gegen das SED-Regime – selbst ein drohender Schießbefehl konnte die mutigen Männer und Frauen nicht aufhalten.


Am Jahrestag der großen Leipziger Montagsdemonstration erinnern Leipziger und Gäste mit dem Friedensgebet und der Rede zur Demokratie in der Nikolaikirche sowie mit dem Lichtfest Leipzig auf dem Augustusplatz wieder gemeinsam an Originalschauplätzen an die historischen Ereignisse. Ein vielfältiges Angebot an weiteren Veranstaltungen, darunter Ausstellungen, Podiumsdiskussionen, Filmvorführungen, Lesungen und Installationen, lädt zur Auseinandersetzung mit den Freiheitswerten der Friedlichen Revolution im Herbst 1989 ein.


Oberbürgermeister Burkhard Jung dazu: „2017 stehen die Feierlichkeiten zum Jahrestag der entscheidenden Leipziger Montagsdemonstration unter dem Motto ‚Aufbruch – Verantwortung – Offenheit‘. Aufzustehen und zu handeln war 1989 und ist auch heute die Voraussetzung dafür, dass Neues entstehen kann. Aus diesem Aufbruch entsteht die Verantwortung, sich zu verständigen, Kompromisse auszuhandeln und für Folgen einzustehen. Offenheit schließlich ist eine wichtige Voraussetzung, um Dinge bewegen und gestalten zu können. Die Auseinandersetzung mit diesen Werten, deren Verbindlichkeit jeder Einzelne durch seine Haltung und sein Handeln mitbestimmt, ist hochaktuell.“

Friedensgebet und Rede zur Demokratie

Auftakt der Feierlichkeiten am 9. Oktober ist das traditionelle Friedensgebet um 17 Uhr in der Nikolaikirche. Bereits seit 1982 hatten Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen regelmäßig zu Friedensgebeten in die Nikolaikirche eingeladen. Von hier gingen im September 1989 die Montagsdemonstrationen aus. Das Friedensgebet steht in diesem Jahr ebenfalls unter der Überschrift „Aufbruch – Verantwortung – Offenheit“. Die Predigt hält Reformationsbotschafterin Dr. Margot Käßmann. Für die musikalische Begleitung sorgt Maria Wolfsberger an der Orgel.

Die Rede zur Demokratie gehört seit 2001 zu den Höhepunkten der Veranstaltungen am 9. Oktober. Neben Vertretern der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland zählten in der Vergangenheit auch zahlreiche internationale Gäste zu den Rednern. Mit der zunehmenden Ausrichtung auf europäische Themenschwerpunkte wird die Rede seit 2010 von Persönlichkeiten gehalten, die sich für die demokratischen Werte – und somit die Werte der Friedlichen Revolution – innerhalb Europas einsetzen. In diesem Jahr ist der polnische Publizist und Buchautor Adam Krzemiński in der Nikolaikirche zu Gast. Mit ihm erwartet Leipzig einen hervorragenden Kenner der deutsch-polnischen Beziehungen sowie der Demokratiebewegungen gegen Ende des Kalten Krieges in Mittelosteuropa. Krzemiński studierte Anfang der Siebzigerjahre Germanistik an der Universität Warschau und der Universität Leipzig. Seit 1973 ist er Redakteur des polnischen politischen Wochenmagazins Polityka. Dem deutschen Publikum ist er durch den Essay Polen im 20. Jahrhundert und als gelegentlicher Redakteur der Wochenzeitung Die Zeit bekannt.

Sowohl die Rede zur Demokratie als auch das Friedensgebet werden in Gebärdensprache übersetzt.

Um die Koordinierung der zahlreichen Gedenkveranstaltungen kümmert sich bereits seit vielen Jahren die Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989“. Ihr gehören Bürger, Organisationen, Institutionen, Museen und andere Einrichtungen an, die einen direkten Bezug zum Herbst 1989 haben. Unterstützt wird die Initiative von der Stadt Leipzig.

Lichtfest Leipzig – emotionaler Abschluss am 9. Oktober

Nach dem Friedensgebet und der Rede zur Demokratie findet der Gedenktag seinen emotionalen Abschluss in dem Lichtfest Leipzig. Unter dem Motto „Aufbruch – Verantwortung – Offenheit“ setzt der künstlerische Leiter Jürgen Meier auf dem historischen Versammlungsort von 1989, dem Augustusplatz, in diesem Jahr neue künstlerische Akzente: Talk, Jazz und Video prägen den Abend. Die etwa einstündige Veranstaltung wird durch Claudius Nießen, Autor und Geschäftsführer des Deutschen Literaturinstituts Leipzig, moderiert, der im Verlauf des Abends mehrere Gesprächspartner begrüßt. Gäste des Lichtfest sind der Journalist Jürgen Engert, langjähriger Leiter des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin und Moderator des Magazins Kontraste, Juliane von Reppert-Bismarck, Journalistin und Gründerin der Organisation Lie Detectors, Filmemacherin Anke Ertner, deren Dokumentarfilm Generation ’89 – Erwachsenwerden im Wendejahr mehrfach ausgezeichnet wurde, sowie Dr. Lutz Kinkel, Geschäftsführer des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit in Leipzig. Sie sprechen mit Claudius Nießen nicht nur über persönliche Erinnerungen, sondern auch über die aktuelle politische Situation in Deutschland und Europa.

Historische und aktuelle Foto- und Videoaufnahmen, projiziert auf große Leinwände im Hintergrund der Bühne, unterstreichen das Gehörte und transportieren die Aufbruchstimmung der damaligen Zeit in das Hier und Jetzt. Das Stephan König Jazz-Quartett sorgt zwischen den einzelnen Gesprächen für besonders emotionale Momente: Fünf eigens für das Lichtfest kreierte Kompositionen sind Grundlage für die Bild- und Soundatmosphäre und prägen die Rhythmik des Abends. Nonverbal agierende Schauspieler und Komparsen komplettieren die Bühnenszene.
Die Gespräche auf der Bühne werden in Gebärdensprache übersetzt und für Rollstuhlfahrer steht ein Podest zur Verfügung.

Konzipiert und umgesetzt wird das Lichtfest seit 2009 von der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH.

Veranstaltungen am 9. Oktober 2017

17 Uhr: Friedensgebet, Nikolaikirche
18.30 Uhr: Rede zur Demokratie, Nikolaikirche
20 Uhr: Lichtfest Leipzig, Augustusplatz

Die Fotos können Sie im Rahmen Ihrer Berichterstattung unter Angabe der Fotoquelle honorarfrei verwenden.

 

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